12. Dezember 2024

Prozess um 18-Jährige: Freundinnen im Wiener Suchtmilieu

„„Immer jüngere Opfer: Drogenkonsum fordert seinen Tribut“ – so lautete die erschütternde Schlagzeile der vergangenen Woche, nachdem das Gesundheitsministerium seinen aktuellen Drogenbericht vorgestellt hatte. Hinter dieser alarmierenden Statistik verbergen sich jedoch nicht nur Zahlen, sondern Gesichter und Geschichten von Menschen wie Verena, einer 18-jährigen Wienerin, deren durch den Drogenmissbrauch ihrer besten Freundinnen tragisch beeinflusst wurde. Während sie sich vor Gericht wegen versuchten Raubes verantworten muss, steht nicht das Urteil im Mittelpunkt, sondern die Sorge um das suchtkranke Mädchen.

Verenas Fall verdeutlicht die verheerenden Auswirkungen der Drogenabhängigkeit, insbesondere auf junge Menschen. Bereits seit ihrem 16. Lebensjahr ist sie stark drogenabhängig und finanzierte ihre Sucht durch Diebstähle. Als ihr Vater ihr die finanzielle Unterstützung verweigerte, kam es zu einer bedrohlichen Konfrontation, bei der Verena ihn sogar mit dem Tod bedrohte. Angesichts der Gefahr, die von seiner eigenen Tochter ausging, alarmierte er die Behörden.

Während der Verhandlung wurde bekannt, dass Verena bei den Diebstählen zusammen mit ihrer ebenfalls süchtigen Freundin unterwegs war, die inzwischen an einer Überdosis gestorben ist. Die erfahrene Jugendrichterin Daniela Zwangsleitner, die diesen Fall verhandelt, ist zutiefst erschüttert: „Es hat mich betroffen gemacht, als ich im Akt gelesen habe, dass Naomi gestorben ist. Sie ist vor Jahren auch vor mir gesessen. Als Angeklagte und als Zeugin.“

Die aktuellen Zahlen des Gesundheitsministeriums verdeutlichen die Dringlichkeit des Problems: Im Jahr 2022 gab es bundesweit 248 Drogentote – ein Höchststand seit Beginn der Messungen im Jahr 2003. Besonders besorgniserregend ist der Anstieg der Todesfälle bei den unter 25-Jährigen, deren Anteil an allen Überdosierungen von 18 Prozent im Jahr 2018 auf 27 Prozent im Jahr 2021 gestiegen ist.

Verena selbst bestätigt im Gerichtssaal mit leiser Stimme, dass sie bereits zwei ihrer Freundinnen durch Drogen verloren hat. Sie beteuert, dass sie ihren Vater nicht wirklich umbringen wollte, sondern in einem impulsiven Moment gehandelt habe. Trotz ihrer jungen Jahre hinterlässt sie einen intelligenten Eindruck, der auf schwere Erfahrungen in ihrer Kindheit schließen lässt. Sie gibt zu, dass sie starke Selbstmordgedanken hatte, sich jedoch in Haft besser gefühlt habe. Sie hat sich dazu entschieden, sich einer Therapie in Kärnten zu unterziehen und hat bereits einen festen Platz zugesagt bekommen.

Doch was passiert bis dahin, wenn Verena nach dem Prozess freigelassen wird? Die Sozialarbeiterin aus dem Wohnheim, in dem Verena vor ihrer Verhaftung lebte, äußert große Besorgnis und betont die Notwendigkeit eines nahtlosen Übergangs zur Therapie. Leider ist es nicht vorgesehen, dass Jugendliche direkt zur stationären Drogentherapie begleitet werden – eine Lücke im Gesetz?

Die Richterin, Frau Rat, spricht neben einer bedingten Haftstrafe von sechs Monaten auch eine Anweisung zur stationären Betreuung in dem Therapiezentrum in Kärnten aus. „Abgängigkeit gibt es bis dahin aber nicht mehr“, warnt sie Verena. Sie verweist auf die kürzlich veröffentlichten Zahlen zu den Drogentoten und drückt ihre Sorge aus, dass Verena ohne erfolgreiche Therapie ein trauriges Ende nehmen könnte. Doch letztendlich liegt es in Verenas Händen, etwas aus ihrem Leben zu machen. Die Richterin ermutigt sie dazu, diese Chance zu nutzen.

„Auf jeden Fall möchte ich mich bedanken für die Chance“, antwortet Verena. Ob sie tatsächlich in der Lage sein wird, diese Chance zu ergreifen, bleibt abzuwarten.