Im vergangenen Jahr wurden in Wien fast 9500 neue Unternehmen gegründet, was den höchsten Stand seit 15 Jahren darstellt. Die meisten Gründer sind junge Menschen, die sich von der Selbstständigkeit mehr Freiheit erhoffen als von einem Angestelltenjob. Dies kann zwar erfolgreich sein, ist jedoch nicht garantiert, da drei verschiedene Talente benötigt werden. Der Hauptgrund für 9483 Wiener, im letzten Jahr ihr eigenes Unternehmen zu gründen, war die Möglichkeit, flexibler in Bezug auf Zeit und Lebensgestaltung zu sein. So viele Menschen wie seit 15 Jahren nicht wagten den Schritt in die Selbstständigkeit. Wien machte dabei 23 Prozent aller Firmengründungen in Österreich aus. Interessanterweise spielte das Motiv, mit dem eigenen Unternehmen mehr Freiheiten als im Angestelltenjob zu haben, bei einer Umfrage im Jahr 2010 kaum eine Rolle.
Die Gründer werden immer jünger, mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren in Wien, was über zwei Jahre jünger ist als der Durchschnitt in Österreich insgesamt. Es gibt jedoch keine Altersgrenzen nach oben in Bezug auf Unternehmertum, wie der älteste Wiener Gründer im Jahr 2023 mit 87 Jahren bewies. Es gibt jedoch eine Altersgrenze nach unten, da man in Österreich erst ab 18 Jahren eine Firma gründen darf. Die Wirtschaft fordert, diese Grenze auf 16 Jahre zu senken, wie es in anderen europäischen Ländern bereits umgesetzt wurde. Es wird jungen Menschen generell nahegelegt, dass Unternehmertum eine Karrieremöglichkeit ist, zum Beispiel im Schulunterricht oder auf Berufsmessen.
Die Firmengründungen im Jahr 2023 haben auch 16.800 neue Arbeitsplätze geschaffen, von denen 7290 für Angestellte der neuen Chefs sind. Insgesamt generieren die jungen Unternehmen eine Wertschöpfung von 1,6 Milliarden Euro. Derzeit überleben 93 Prozent der Unternehmen ihr erstes Jahr, 82 Prozent ihr zweites, 73 Prozent ihr drittes, 66 Prozent ihr viertes und 62 Prozent ihr fünftes.
Dominik Schmidgruber von der Jungen Wirtschaft Wien möchte zwar nicht bestätigen, dass vor allem junge Jungunternehmer ein falsches Bild vom Leben als Selbstständige haben, gibt jedoch zu, dass vor allem Einpersonenunternehmen – die 82 Prozent der Neugründungen in Wien ausmachen – selten alle erforderlichen Fähigkeiten besitzen: „Es braucht einen für Zahlen und Rechtliches, einen, der sich mit Technik und Abläufen auskennt, und einen, der verkaufen kann.“ Daher sollte man idealerweise im Team gründen oder sich anderweitig Fachkompetenz von außen hinzuziehen.
Ulrike Tangerner, die nun ihre eigene Greißlerei „feinklein“ in der Innenstadt führt, ist eine Ausnahme von der Regel. Ihre Eltern hatten bereits ein Geschäft und sie lernte das Unternehmertum von klein auf aus erster Hand kennen: „Ich wusste, was mich erwartet.“ Sie gibt zu, dass sie den Sprung in die Selbstständigkeit auch deshalb wagte, weil sie im Notfall auch wieder in ihrem alten Beruf eine Anstellung finden könnte.
Wenn man mit dem Gedanken an die Selbstständigkeit spielt, sollte man nicht zögern, die Beratungsleistungen der Wirtschaftskammer in Anspruch zu nehmen, betont Schmidgruber. Im Jahr 2023 hatte das Gründerservice der Kammer 38.000 Kontakte. Bei der Ideenfindung für ein eigenes Unternehmen hält er die Suche nach einer Marktnische nicht für so wichtig. Das Wichtigste für den Erfolg eines Unternehmens bleibe immer noch: „Etwas suchen, worin man gut ist und wofür man Leidenschaft hat“.