Trotz exorbitanter Ticketpreise und einem Bestuhlungskonzert wagten sich am Montagabend rund 10.000 Fans in die Wiener Stadthalle, um die US-amerikanischen Prog-Metal-Könige von Tool live zu erleben. Und sie sollten es nicht bereuen, denn das Konzert der eigenwilligen Kalifornier entpuppte sich als audiovisuelles Meisterwerk.
Für manche mag es so wirken, als bräuchte man einen Abschluss in technischer Mathematik, um den Hörgenuss der amerikanischen Prog-Metal-Millionäre zu verstehen. Doch bei ihrem ersten Auftritt in der Wiener Stadthalle nach fünf Jahren sollte man eher ein gutes Rechnungswesen haben. Denn wer es sich leisten wollte, Maynard James Keenan und Co. aus der Mitte der vorderen Reihen zu beobachten, musste knapp 300 Euro auf den Tisch legen.
Die sich von Stadt zu Stadt verändernden Tourposter waren für rund 80 Euro zu haben, signierte Exemplare schlugen mit 300 Euro zu Buche. Wer sich sogar ein signiertes Doodle-Poster sichern wollte, musste stolze 2000 Euro ausgeben. Und als VIP-Upgrade konnte man sich für etwa 300 US-Dollar Zugang zum Soundcheck der Band erkaufen. Doch in Wien stand der Frontmann leider nicht für die Auserwählten zur Verfügung – das Fehlen einer Garantie für alle Bandmitglieder stand natürlich im Kleingedruckten.
Trotz dieser finanziellen Hürden und Erwartungen bot Tool ihren zahlungsfreudigen Fans eine einzigartige Show, die nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Studio nur selten zu erleben ist. Ihr 2019 veröffentlichtes Album „Fear Inoculum“ markierte nach 13 Jahren Pause ihr Comeback, und ein weiteres Album in naher Zukunft ist eher unwahrscheinlich.
Auf ihrer Europa-Tour haben die Musiker die Nerven ihrer Fans mit wechselnden Setlists strapaziert. Doch im Laufe der Tour haben sie die Show zugänglicher gemacht und einige Hits wie „Stinkfist“, „Sober“ und „Ticks And Leeches“ ins Programm aufgenommen. Tool benötigen keine einzelnen Hits, um im Gedächtnis zu bleiben – ihr gesamtes Repertoire ist ein Erlebnis.
Auf der Bühne sind die Rollen klar verteilt: Drummer Danny Carey treibt den Rhythmus voran, Gitarrist Adam Jones soliert souverän, Bassist Justin Chancellor sorgt für die polternde Tiefe und Sänger Maynard James Keenan versteckt sich gewohntermaßen am hinteren Bühnenpodest. Obwohl sein Gesang anfangs etwas zu leise gemischt war, konnte die Band mit ihrer beeindruckenden Präsenz und den mitreißenden Kompositionen das Publikum begeistern.
Tool spielen in einer eigenen Liga und verschieben weiterhin die Grenzen des Möglichen. Neben ihren kantigen Regeln und Ansprüchen zeigen sie auch Humor und Selbstironie – wie bei der zwölfminütigen Pause mit Stoppuhr oder dem Abschluss mit ABBA's „Dancing Queen“. Trotz aller Eigenwilligkeiten spielen die Prog-Metal-Könige auf einem ganz anderen Level und begeistern ihre Fans immer wieder aufs Neue.