Am vergangenen Wochenende sorgte eine Massenschlägerei unter Tschetschenen für Aufsehen und heizte die Diskussion um diese Volksgruppe erneut an. In der öffentlichen Wahrnehmung ranken sich zahlreiche Mythen um die Tschetschenen, die oft bedient werden. Bei Erwähnung des Begriffs „Tschetschene“ läuft bei vielen Österreichern sofort ein Kopfkino ab, das geprägt ist von den schrecklichen Ereignissen während des Vernichtungsfeldzugs Russlands gegen das Land. Diese Vorurteile und Mythen um die tschetschenische Bevölkerungsgruppe sind selten positiv besetzt.
Österreich ist ein wichtiges Zielland für tschetschenische Auswanderer, die oft in den Statistiken als Russen geführt werden, da Tschetschenien eine Republik innerhalb der Russischen Föderation ist. Dennoch geht aus einem Forschungsbericht des Österreichischen Integrationsfonds hervor, dass es sich bei einem Großteil der Asylantragssteller aus der Russischen Föderation in Österreich um Tschetschenen handelt.
Die tschetschenische Community in Österreich ist vor allem in Wien stark vertreten, wo etwa die Hälfte der Tschetschenen lebt. Niederösterreich belegt mit 10 Prozent den zweiten Platz. Insgesamt wird die Bevölkerung mit tschetschenischer Migrationsgeschichte in Österreich auf 30.000 bis 40.000 Personen geschätzt, wobei viele von ihnen während und nach dem zweiten Tschetschenienkrieg als Flüchtlinge nach Österreich kamen.
Die Integration der tschetschenischen Community gestaltet sich jedoch schwierig, da viele Tschetschenen dazu neigen, unter sich zu bleiben. Traditionelle Werte und Geschlechterrollen prägen weiterhin viele Familien, obwohl junge Generationen beginnen, diese zu hinterfragen. Die Religion spielt eine wichtige Rolle in der Identität vieler Tschetschenen, die den Islam privat und individuell leben.
Junge Tschetschenen fühlen sich oft im österreichischen Schulsystem verloren und ausgegrenzt, was zu Bildungsbarrieren und Missverständnissen führen kann. Viele von ihnen identifizieren sich mit dem Bild des „harten Tschetschenen“, um innerhalb jugendlich-migrantischer Subkulturen Anerkennung zu erlangen. Dabei greifen sie auf das Bild des kampferprobten und furchtlosen tschetschenischen Freiheitskämpfers zurück, obwohl viele von ihnen den Krieg nicht selbst erlebt haben.